FI-A in Hauptverteilung vorne, wenn mehrere Wallboxen in UV normkonform abgesichert?

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Till70
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FI-A in Hauptverteilung vorne, wenn mehrere Wallboxen in UV normkonform abgesichert?

Beitrag von Till70 »

Hallo!

Es gibt ja offenbar viel Diskussion rund um FIs, insbesondere, wenn mehrere Ladestationen im Spiel sind.

Ich habe bislang Folendes verstanden:

a) FIs sind für den Personenschutz, d.h. sollen schnellstens vor Stromschlag schützen. (Leitung hat dabei zunächst kein Problem, keine Brandgefahr von daher.)

b) Lastschalter sind für den Brandschutz, d.h. sollen verhindern, dass Leitungen etc. brennen. Daher sollen sie den maximalen Strom begrenzen auf die Verträglichkeit des Leitungsnetzes dahinter bzw. davor.

c) Normalerweise werden bei Wechselstrom FI-A eingesetzt, aber die können keine Gleichstromfehler erkennen.

d) Bei Ladestationen ist Gleichstrom im Einsatz und deswegen muss ein spezieller FI für Fehlerströme Gleichstrom überwachen.

e) Die speziellen FIs und sonstige DC-Überwachungen schlagen erst ab 30 mA oder 6 mA zu, d.h. darunter laufen Fehlerströme Gleichstrom ohne Erkennung weiter.

f) FI-A können erblinden, wenn ausreichende Fehlerströme Gleichstrom entstehen und somit keine Wechselstromfehler mehr erkennen. Und dies schon bei geringen Fehlerströmen.

g) Fehlerströme unter 6 mA reichen allerdings nicht aus, um FI-A erblinden zu lassen, daher kann ein FI-A mit einem Gleichstromschutz ab 6 mA kombiniert werden.

h) Die Aufaddierung mehrerer geringfügiger Fehlerströme Gleichstrom, z.B. von zwei Ladestationen mit jeweils 6 mA reicht allerdings aus, um einen FI-A erblinden zu lassen, daher können zwei Gleichtstromfehlererkennungen in Summe soviel Fehlerstrom Gleichstrom durchlassen, dass ein FI-A davor erblinden würde.

i) Die Norm sagt deswegen, dass jede Ladestation einzeln mit einer separaten Fehlerüberwachung versehen sein soll für Gleichstrom und Wechselstrom (z.B. beides mit einem FI-B oder mit alternativer Gleichstromüberwachung und FI-A).

j) Ich werde vermeiden, die Norm zu verletzen, aber aus welchen rationalen Gründen ist es denn nicht o.k. und nicht Teil der Norm, einen FI-B sehr weit vorne einzusetzen und damit den klassischen FI-A zu ersetzen, auch bei mehreren Ladestationen drunter?

k) Ist meine Annahme korrekt, dass die Erblindung eines FI-A wieder in kurzer Zeit verschwindet, sobald der Fehlerstrom beseitigt ist? Wie schnell wohl?

l) Wenn man die Norm einhält und ab der Unterverteilung eine normkonforme Überwachung pro Ladestation einführt, braucht man nach Norm offenbar keinen FI-A in der Hauptverteilung, aber dürfte dann auch nur personengefährdende Netzteile vorschriftsmäßig mit FI-A nur in parallelen Unterverteilungsästen zu den Ladestationen anbringen. Und könnte Erdkabel zur Unterverteilung nicht gegen Wechselstromfehler schützen.

m) Darf man dann trotzdem einen FI-A in der Hauptverteilung anbringen? So viel ich verstehe, besteht dann weiterhin die Gefahr der Erblindung durch Gleichstromfehler, aber auch die Chance der Erkennung von Wechselstromfehlern. Und dabei ist die Gefahr unwahrscheinlich und die Chance wahrscheinlich. Ein FI-A schadet nicht, außer dass er Geld, Arbeit und Zeit kostet, oder?
Jarry
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Re: FI-A in Hauptverteilung vorne, wenn mehrere Wallboxen in UV normkonform abgesichert?

Beitrag von Jarry »

Till70 hat geschrieben: Sa Jan 22, 2022 6:35 pm Hallo!

Es gibt ja offenbar viel Diskussion rund um FIs, insbesondere, wenn mehrere Ladestationen im Spiel sind.

Ich habe bislang Folendes verstanden:

a) FIs sind für den Personenschutz, d.h. sollen schnellstens vor Stromschlag schützen. (Leitung hat dabei zunächst kein Problem, keine Brandgefahr von daher.)

b) Lastschalter sind für den Brandschutz, d.h. sollen verhindern, dass Leitungen etc. brennen. Daher sollen sie den maximalen Strom begrenzen auf die Verträglichkeit des Leitungsnetzes dahinter bzw. davor.

c) Normalerweise werden bei Wechselstrom FI-A eingesetzt, aber die können keine Gleichstromfehler erkennen.

d) Bei Ladestationen ist Gleichstrom im Einsatz und deswegen muss ein spezieller FI für Fehlerströme Gleichstrom überwachen.

e) Die speziellen FIs und sonstige DC-Überwachungen schlagen erst ab 30 mA oder 6 mA zu, d.h. darunter laufen Fehlerströme Gleichstrom ohne Erkennung weiter.

f) FI-A können erblinden, wenn ausreichende Fehlerströme Gleichstrom entstehen und somit keine Wechselstromfehler mehr erkennen. Und dies schon bei geringen Fehlerströmen.

g) Fehlerströme unter 6 mA reichen allerdings nicht aus, um FI-A erblinden zu lassen, daher kann ein FI-A mit einem Gleichstromschutz ab 6 mA kombiniert werden.

h) Die Aufaddierung mehrerer geringfügiger Fehlerströme Gleichstrom, z.B. von zwei Ladestationen mit jeweils 6 mA reicht allerdings aus, um einen FI-A erblinden zu lassen, daher können zwei Gleichtstromfehlererkennungen in Summe soviel Fehlerstrom Gleichstrom durchlassen, dass ein FI-A davor erblinden würde.

i) Die Norm sagt deswegen, dass jede Ladestation einzeln mit einer separaten Fehlerüberwachung versehen sein soll für Gleichstrom und Wechselstrom (z.B. beides mit einem FI-B oder mit alternativer Gleichstromüberwachung und FI-A).

j) Ich werde vermeiden, die Norm zu verletzen, aber aus welchen rationalen Gründen ist es denn nicht o.k. und nicht Teil der Norm, einen FI-B sehr weit vorne einzusetzen und damit den klassischen FI-A zu ersetzen, auch bei mehreren Ladestationen drunter?

k) Ist meine Annahme korrekt, dass die Erblindung eines FI-A wieder in kurzer Zeit verschwindet, sobald der Fehlerstrom beseitigt ist? Wie schnell wohl?

l) Wenn man die Norm einhält und ab der Unterverteilung eine normkonforme Überwachung pro Ladestation einführt, braucht man nach Norm offenbar keinen FI-A in der Hauptverteilung, aber dürfte dann auch nur personengefährdende Netzteile vorschriftsmäßig mit FI-A nur in parallelen Unterverteilungsästen zu den Ladestationen anbringen. Und könnte Erdkabel zur Unterverteilung nicht gegen Wechselstromfehler schützen.

m) Darf man dann trotzdem einen FI-A in der Hauptverteilung anbringen? So viel ich verstehe, besteht dann weiterhin die Gefahr der Erblindung durch Gleichstromfehler, aber auch die Chance der Erkennung von Wechselstromfehlern. Und dabei ist die Gefahr unwahrscheinlich und die Chance wahrscheinlich. Ein FI-A schadet nicht, außer dass er Geld, Arbeit und Zeit kostet, oder?
A: lass ich erstmal so gelten. Wobei es auch Brandschutzgründe gibt für einen RCD. Dann aber reicht üblicherweise 100 oder 300mA
B: lass ich auch gelten
C: Ja
D: Jain. Bei den meisten galvanisch getrennten Ladern kann das eigentlich nicht passieren, aber es sind eben nicht alle galvanisch getrennt (der Chameleon Lader aus der Zoe z.b.)
E: Ja, wobei das aber immer Maximalwerte sind. Üblich bei einem Typ B sind eher 20-22mA. Wobei bei den 6mA RCM hatte ich schon genug gefunden, die erst deutlich später ausgelöst hatten. Sowas reklamiert man dann als Defekt und bekommt hoffentlich einen funktionierenden. Bei natürlich auch richtige RCDs defekt sein können. Hatte ich aber deutlich seltener bisher.
F: Ja
G: Ja
H: JA
I: nicht soll, sondern MUSS
J: Weil die VDE 0100 Teil 722 einen eigenen RCD und LS für jeden Ladepunkt fordert. Alles andere ist NICHT normgerecht
K: üblicherweise ja. Die Zeit ist davon abhängig wie schnell das Magnetfeld im Summenstromwandler abgebaut wird. Da habe ich aber keine validen Daten zu. Macht aber nix, weil es eben eh nicht zulässig ist…
L: selbstverständlich darfst du vor die Zuleitung einen Typ B RCD verbauen. Je nach Netzform oder eventueller Brandschutzbestimmungen ist das sogar vorgeschrieben. Der sollte dann Sinnvollerweise Selektiv zu den RCDs dahinter sein und Kurzzeitverzögert. Der Lieferant freut sich übrigens wenn du den orderst….
M: VOR einem Typ B RCD darf NIEMALS ein Typ A verbaut sein. Parallel dazu ist das aber natürlich zulässig.

Aktuelles Setup:
openWB 2.x
2x openWB pro
PV:
SolarEdge SE9K mit SolarLog 380Mod am EVU Punkt (nur noch fürs SE Portal genutzt)
2x MPPT 150/35 mit jeweils 1,2kWp

Speicher:
3x Multiplus 2 5000
Cerbo GX
EM540 (am Cerbo)
28,6kWh DIY Speicher
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Re: FI-A in Hauptverteilung vorne, wenn mehrere Wallboxen in UV normkonform abgesichert?

Beitrag von Till70 »

Vielen Dank!

Also ein zusätzlicher FI-B vorne ist auf jeden Fall und quasi immer o.k., nur teuer.

Haben FI A-EV (ab 6 mA) oder FI F EV (Erkennung Mischfrequenzen, Kurzeitverzögerung = Selektivität?, stoßstromfest, gewitterfest) irgendwelche nennenswerten Vorteile, neben den Nachteilen, evtl. noch teurer zu sein? (Ich kann diese Begriffe halt nicht einordnen.)

Zu J)
Das alles andere nicht normgerecht ist, habe ich demnach ja verstanden, aber in der Regel hat eine Norm ja gute sachliche Gründe, z.B. weil Normabweichungen Schaden erzeugen können.

Welchen Schaden stellt denn ein (ggfs. erblindeter) FI-A dar, gegenüber KEINEM FI-A dar?
Jarry
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Re: FI-A in Hauptverteilung vorne, wenn mehrere Wallboxen in UV normkonform abgesichert?

Beitrag von Jarry »

Till70 hat geschrieben: Sa Jan 22, 2022 7:19 pm Vielen Dank!

Also ein zusätzlicher FI-B vorne ist auf jeden Fall und quasi immer o.k., nur teuer.

Haben FI A-EV (ab 6 mA) oder FI F EV (Erkennung Mischfrequenzen, Kurzeitverzögerung = Selektivität?, stoßstromfest, gewitterfest) irgendwelche nennenswerten Vorteile, neben den Nachteilen, evtl. noch teurer zu sein? (Ich kann diese Begriffe halt nicht einordnen.)

Zu J)
Das alles andere nicht normgerecht ist, habe ich demnach ja verstanden, aber in der Regel hat eine Norm ja gute sachliche Gründe, z.B. weil Normabweichungen Schaden erzeugen können.

Welchen Schaden stellt denn ein (ggfs. erblindeter) FI-A dar, gegenüber KEINEM FI-A dar?
Er vermittelt Sicherheit wo keine ist

A-EV kann durchaus eine Option sein. Typ F ist für einphasige umrichter gedacht, die immer mehr Einzug in die Haushalte halten. Z.b. Waschmaschinen, Spülmaschinen, Staubsauger. Hier kann es zu fehlerströmen mit mischfrequenzen kommen.

Selektivität: ein 100mA RCD ist z.b. selektiv gegenüber einem 30mA RCD. Die kurzzeitverzögerung kommt dann üblicherweise noch dazu. Weil bei höheren Fehlerströmen dann doch der vorgelagerte auslösen könnte, was man aber unter Umständen gar nicht will.

Ja gewitterfeste gibt es, hab ich noch nie gebraucht :)

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Re: FI-A in Hauptverteilung vorne, wenn mehrere Wallboxen in UV normkonform abgesichert?

Beitrag von Till70 »

Ja, sehr schön korrekt formuliert ("Sicherheit, wo keine ist"). Das könnte man evtl. kompensieren mit einem Hinweis am FI-A.

Ist denn dann folgender Aufbau normkonform? (Damit würde ich zum Elektriker gehen.)
Dateianhänge
Ladestationsaufbau.png
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